Mit dieser Seite möchte ich dazu beitragen, ein Vorurteil aus der Welt zu schaffen. Und zwar jenes, dass amerikanisches Bier grundsätzlich schlecht wäre. Dass dieses Vorurteil überhaupt existiert, liegt wohl daran, weil der Markt von den großen Brauereien dominiert wird, die etwas produzieren, was jeden ansprechen soll aber keinen Charakter mehr hat. Die Namen kennt jeder und deshalb will ich mich auch nicht lange mit damit aufhalten und herum philosophieren (das können andere sowieso besser), sondern nur ein paar der kleinen, feinen Brauereien vorstellen, die ich hier bisher entdeckt habe. Zwar ist das Bier dieser Brauereien etwas teurer, und man bekommt kein Modellauto mit jedem größeren Karton, aber dafür sind die Verpackungen teilweise sehr schön gemacht, und somit gibt es zum guten Bier noch etwas zum Anschauen.
Verpackungseinheiten und Vertrieb
Ist vielleicht auch mal ganz interessant, weil es so anders als in Deutschland ist. Den guten deutschen Kasten kennt man hier nicht. Es gibt entweder Dosen in den verschiedensten Größen oder Kartons mit 6 – 24 Flaschen. Kaufen tut man sein Bier in Ontario entweder im Beer Store oder im LCBO. Supermärkte oder Tankstellen dürfen keine alkoholischen Getränke führen. In Quebec gibt es Bier vornehmlich in kleineren „Convenience Stores“, die über eine entsprechende Lizenz verfügen. Pfand gibt es auf alle Flaschen und Dosen (soviel zu „Dosenpfand gäbe es ja nur in Deutschland“). Das ist aber auch wieder abhängig von Provinz beziehungsweise Bundesstaat.
Creemore Springs
Mein Favorit! Und auch der vieler meiner kanadischen Kollegen. Das Lager schmeckt malzig, so wie einige belgische Biere, aber nicht zu sehr, dass es störend sein könnte. Der hohe Malzgehalt gibt em Bier auch eine sehr schöne Bernsteinfarbe.
Interessanterweise bietet Creemore Springs zu bestimmten Jahreszeiten sogar ein Bockbier an, und das ist wirklich gut und braucht den Vergleich mit deutschen Bockbieren nicht im geringsten zu scheuen. Ganz im Gegensatz zu vielen „Strong Beer“, die hier verkauft werden.
Creemore ist eine kleine Stadt im Norden von Toronto, ungefähr 25 km südlich von Wassaga Beach. Ein Besuch lohnt sich, denn die Hauptstraße sieht ein bischen so aus, als ob dort die Zeit seit 100 Jahren stehengeblieben ist (zumindest, wenn man sich die vielen SUVs wegdenkt).
Leider ist die Brauerei vor einiger Zeit von Molson (größtes Brauereiunternehmen in Kanada, „Canadian“) übernommen worden. Das hat zum Glück noch keine Auswirkungen auf den Biergeschmack. Aber das 8er Pack Flaschen wurde durch ein 8er Pack Dosen ersetzt. Finde ich jetzt nicht soo schlimm. Auch wenn das jetzt vielleicht gegen mich spricht, aber ich finde Bierdosen eigentlich ganz praktisch.
Steamwhistle
Interessant an dieser Brauerei ist vor allem der Standort. Steamwhistle ist nämlich in einem umgebauten Lokschuppen (daher auch der Name) direkt neben Toronto’s CN Tower untergebracht. Das Bier ist OK, könnte aber etwas mehr Charakter haben.
Camerons
Ein kleine Brauerei in Oakville (da kommt man vorbei, wenn man von Toronto zu den Niagarafällen fährt). Das Bier ist sehr gut und hat schon einige Preise eingeheimst. Aber irgend etwas im Nachgeschmack gefällt mir persönlich nicht. Camerons gibt es im Neunerpack, und das ist wohl ziemlich einzigartig.
Great Lakes
Nicht zu verwechseln mit der Great Lakes Brauerei in Cleveland / Ohio! „Black Jack“ ist ein dunkles Lager und im Geschmack vergleichbar mit einem deutschen Köstritzer. Auch wenn Great Lakes mehr oder weniger bei mir um die Ecke liegt, habe ich sie bisher noch nicht besucht obwohl man mit unten stehendem Etikett, welches auf jeder Packung klebt, dazu aufgefordert wird. Ein echtes Versäumnis, denn das Bier ist nicht schlecht.
Great Lakes / Cleveland
Hat hier zwar eigentlich nix zu suchen, weil Cleveland in Ohio und somit den USA liegt, ich habe es aber trotzem in der Liste. Zum einem als Ergänzung zu dem vorangegangenem Bier und zum anderem, weil es wirklich sehr gut ist. Great Lakes hat viele Sorten im Angebot. Das Dortmunder Gold ist ein echtes Export und hat mich schon überzeugt.
Zur Weihnachtszeit gibt es ein Christmas Ale mit weihnachtlichen Gewürzen. Entspricht vielleicht nicht dem Reinheitsgebot, ist aber trotzdem lecker. Leider gibt es dieses Bier nur in Cleveland und Umgebung.
Blanche de Chambly
Und jetzt mal etwas anderes. Blanche de Chambly wird in Quebec von der Unibroue Brauerei hergestellt und ist ein White Beer, also ein Hefeweizen und sogar ein trübes. Obwohl ich nicht wirklich ein Weizenbier Fan bin, gefällt mir der fruchtige Geschmack des Blanche de Chambly recht gut. Und das Bild auf dem Etikett hat auch etwas. Chambly liegt östlich neben Montreal, und Biere von Unibroue sollen auch in Deutschland erhältlich sein.
Mill St. Brewery
Mill St. ist eine kleine Brauerei in Toronto. Mill St. wirbt damit, dass in ihren Bieren keinerlei Fremdstoffe enthalten sind (also quasi streng nach Reinheitsgebot gebraut). Daher auch der Name „Organic“. Das mag zwar stimmen, trotzdem schmeckt das Lager etwas fade. Das Tankhouse Ale ist dagegen schon etwas besseres.
Mill St. ist übrigens im Distillery District beheimatet (auch wenn das Bier dort nicht mehr gebraut wird). Das ist eine ehemalige Distillerie, in der jetzt Geschäfte, Galerien und Restaurants untergebracht sind, und ein Besuch dort lohnt sich!
Robert Simpson
Die Robert Simpson Brewery ist in Barrie, nördlich von Toronto, beheimatet. Der Internet Auftritt ist leider etwas spartanisch. Aber zumindest die Adresse kann man der Seite entnehmen. Das Bier ist ein Ale, hat einen angenehm weichen Geschmack, und ist strikt nach dem „Beer Purity Law“ von 1516 gebraut.
Brick
Die Brick Brewery wurde 1984 als eine der ersten neueren „Microbreweries“ in Ontario gegründet. Das Pilsener wird mit Hopfen aus Deutschland hergestellt, und ist geschmacklich OK. Die Brauerei liegt in Waterloo, einer Gegend mit vielen deutschen Einwanderern. Dem entsprechend gibt es dort auch ein großes Oktoberfest.
Sleeman
Sleeman in Guelph ist schon eher eine größere Brauerei, und das Bier ist fast überall in Ontario zu bekommen. Das Cream Ale ist aber deutlich besser als das Angebot der anderen großen Brauereien, und darüber hinaus bietet Sleeman noch einige Spezialitäteten wie das sehr gute India Pale Ale.
Sleeman gibt es übrigens auch auf den Transatlantikflügen von Air Canada. Somit ist es für viele der erste Kontakt mit kanadischem Bier. Dazu ein Tipp: Wenn die Stewardess fragt, welches Bier man denn gerne haben möche, einfach „Sleeman“ sagen. Nicht nur, dass man damit „insidermässig“ antworten kann, man bekommt auch das bessere Bier.
Nickel Brook
Nickel Brook ist eine Micro Bewery in Burlington. Der Name der Brauerei ist eigentlich „Better Bitter“, und genauso schmeckt auch das Bier: ein bitteres Ale, genauso wie ich es mag.
Das Green Apple Pilsener (Bier mit Apfelgeschmack!) ist dagegen nicht ganz so mein Fall.
Cool
Die Cool Beer Brewing Company wurde zwar in Brampton gegründet, ist aber irgendwann nach Toronto in die Evans Avenue in Etobicoke umgezogen. Das Cool Beer ist ein Lager und ganz OK, wenn auch nicht unbedingt weltklasse.
Muskoka
Die Muskoka Biere kommen aus Bracebridge, und das liegt wiederum nördlich von Toronto am Lake Muskoka, ungefähr auf halber Strecke zwischen der Georgian Bay und dem Algongin Nationalpark. Bisher habe ich nur das Cream Ale probiert, und das ist okay, allerdings nicht ganz so gut wie z.B. Sleeman. Muskoka hat allerdings noch mehr zu bieten, und ich bin schon auf die anderen Sorten gespannt.
Neustadt
Dieses Bier kommt von der Neustadt Springs Brewery aus dem gleichnamigen Ort nordwestlich von Toronto. Der Name läßt auf einen deutschen Ursprung schließen und tatsächlich wurde die Brauerei 1859 ursprünglich als Crystal Springs Brewery von einem deutschen Einwanderer gegründet. Sie wurde allerdings 1916 während der Prohibition geschlossen. Die jetzigen Besitzer stammen aus England und haben die Brauerei 1997 wiedereröffnet. Das Lager hat einen leicht bitteren Geschmack und gefällt mir sehr gut.
Amsterdam
Und jetzt mal wieder ein Bier aus dem Herzen von Toronto, denn die Amsterdam Brewing Co. ist in der Bathurst Street beheimatet. Sie bietet viele verschiedene Sorten und unter anderem auch ein helles Bock-, ein helles Weizen und ein Oktoberfestbier (Märzen). Alle habe ich noch nicht probiert, aber das Natural Blonde hat mich nicht wirklich überzeugen önnen. Mal sehen, wie die anderen Sorten so sind…
Scotch Irish Brewing
Wie der Name schon sagt, produziert die Scotch Irish Brewing Ales nach britischem Stil. Die Brauerei liegt in Carleton Place, circa 50 km südlich von Ottawa.
India Pales Ales wurden ursprünglich zur Versorgung der britischen Truppen in Indien gebraut. Um die Haltbarkeit zu eröhen, wurde das Bier mit extra viel Hopfen gebraut. Das Resultat ist recht bitteres und kräftiges Bier, welches aber gerade bei heißem Wetter besonders erfrischend ist.
Heritage Brewing
Heritage Brewing und Scotch Irish Brewing sind offenbar ein und dieselbe Brauerei, und Heritage ist wohl der Markenname für die Lager. Das recht hopfige Premium Lager wird ebenfalls in die witzigen kleinen Flaschen (Stubby) abgefüllt.
Alexander Keith’s
Keith’s ist ein in Kanada recht populäres Bier und obwohl es aus Halifax stammt, ist es fast überall zu bekommen. Die Alexander Keith’s Nova Scotia Brewery wurde bereits 1820 gegründet und ist somit eine der ältesten Braueereien Nordamerikas.
Keith’s will auch ein India Pale Ale sein, geschmacklich kommt es aber nicht annähernd an Sgt. Major oder Sleeman heran. Anstelle von extra Hopfen scheint bei der Produktion eher extra viel Wasser zum Einsatz zu kommen.
Propeller
Auch wenn Keith’s die größte Brauerei in Halifax ist, gibt es dort auch Alternativen. Die Propeller Brewing Company hat nicht nur einen interessanten Namen sondern macht auch ein interessantes Bier. Das Bitter ist, wie der Name schon sagt, ein recht hopfiges ESB (Extra Special Bitter).
Old Credit
Die Old Credit Brewing Brauerei hat zwei entscheidende Vorteile: Zum einen liegt sie nur ein paar Kilometer entfernt von mir, und ich kann mir das Bier direkt bei der Brauerei kaufen, und zum anderen hat sie neben den in Kanada üblichen 340 ml auch 680 ml Flaschen im Angebot. Achja… und das Pilsner ist auch sehr lecker.
Magnotta
Die Bier der kleinen Magnotta Brauerei in Vaughan gleich im Norden von Toronto werden unter dem Markennamen True North verkauft. Eigentlich ist Magnotta ein ziemlich großes Weingut in Niagara, und das Bier wird nur so nebenher gebraut. Neben den standard Ales gibt es auch ein True North Copper Altbier was richtig lecker ist. Es ist recht hopfig und damit vielleicht ein wenig bitterer als gängige dem Massengeschmack angepasste Altbiere, das muss aber nicht unbedingt schlecht sein.
Und es gibt noch viel mehr!
- 30 „Microbreweries“ in Ontario haben sich zu den Ontario Craft Brewers zusammengeschlossen, und deren Internetseite gibt einen guten Überblick.
- Für diejenigen, die mehr über kanadisches Bier erfahren wollen, gibt es den Great Canadian Beer Guide von Stephen Beaumont.
- Ein Überblick über die Bierszene in Toronto mit einer Liste der Pubs bietet The Bar Towel.
- Brewer Association of Canada, der Brauereiverband.