Von Jonquière nach Campbellton

Atlantic Canada hat mich schon ein bisschen gepackt. Als ich in 2011 am St. Lawrence entlang von Québec bis Percé gefahren bin, wollte ich immer auch wissen, was links und rechts der Tour zu entdecken gibt. Also ging es zwei Jahre später dann mit dem Fahrrad vom Lac Saint-Jean über den Sankt-Lorenz-Strom bis nach Campbellton in New Brunswick.

Das war die Strecke:

Eigentlich wollte ich die Strecke von Québec City bis zum Lac Saint-Jean mit dem Fahrrad bewältigen. Das stellte sich dann aber als schwierig machbar dar, weil Via Rail den Transport von Fahrrädern von Montréal nach Québec City eingestellt hat. Also lies ich den Teil aus und nahm stattdessen den Zug von Montréal nach Jonquière am Saguenay (der auch Fahrräder transportiert). Die neun Stunden lange Bahnfahrt durch die beeindruckende Landschaft entschädigte dann aber für die verlorene Fahrradstrecke, und die Zugfahrt war bereits ein Erlebnis für sich.

Um dem Lac Saint-Jean gibt es einen sehr schön ausgebauten und asphaltierten Fahrradweg, den Veloroute Bleuets. Das heißt auf deutsch soviel wie „Blaubeerfahrradstrecke“ und zwar deshalb, weil die Gegend eines der Hauptanbaugebiete für Blaubeeren ist, und man sie sehr schön mit dem Fahrrad erkunden kann.

Val-Jalbert am südlichen Ufer des Lac Saint-Jean ist ein besonderer Ort, denn es eine echte Geisterstadt wie aus dem Bilderbuch. Es gibt dort einen hohen Wasserfall, dessen Energie lange Zeit dazu genutzt wurde eine Zellstofffabrik für die Papierherstellung anzutreiben. Die Arbeiter der Fabrik lebten in einer Siedlung gleich in der Nähe. Vor 80 Jahren wurde die Fabrik geschlossen, und die Stadt verlor nach und nach ihre Einwohner. Heute ist der Ort eine Touristenattraktion, und es gibt alles zu erleben, was zu zu einer ordentlichen Geisterstadt dazu gehört, inklusive echter Geister in der Schule.

Auf den Berg mit dem Wasserfall kommt man entweder mit der Seilbahn, oder man klettert hinauf. Von oben gibt es einen tollen Blick bis zum See.

Das Blaubeerzentrum ist Dolbeau-Mistassini am nördlichen Endes des Sees, und dort gibt es ein Blaubeermuseum, jede Menge Blaubeerspezialitäten zu kaufen, und natürlich ein jährlich stattfindendes Blaubeerfest. Drumherum sind ziemlich viele Blaubeerfelder und auch drei wilde Flüße mit Wasserfällen.

Nach Dolbeau-Mistassini ging die Tour erst einmal ein Stück abseits vom See entlang. Aber immer weiter auf der Blaubeerroute und entweder auf ausgewiesenen Fahrradwegen oder ruhigen Nebenstraßen. Das führte mich bei Sainte-Jeanne-d’Arc vorbei, wo man die alte Mühle an den Wasserfällen besichtigen kann.

Für die nächste Nacht habe ich mein (sehr kleines) Zelt im im Parc national de la Pointe-Taillon aufgebaut. Die Zeltplätze dort liegen alle ein paar Kilometer abseits der Parkplätze, und es werden Fahrräder mit Anhängern vermietet, um dorthin zu kommen.

Weil ich abends noch Zeit hatte, fuhr ich mit dem Fahrrad auch einmal rund um den Park. Dabei lief mir dieser komische Vogel über den Weg.

Der Sonnenuntergang am See war dann auch noch phänomenal.

Nach dem Parc national de la Pointe-Taillon ging es weiter am Rivière Saguenay entlang. Übernachtet habe ich in Chicoutimi, wo ich das letzte Zimmer in einem Motel ergattert habe. Man kann sagen, dass es am Saguenay und auch am Sankt-Lorenz-Strom in den touristischen Zentren schwierig ist, nach 16 Uhr noch ein Zimmer zu bekommen. Aber etwas findet sich immer.

Am nächsten Tag kam dann eine Bergetappe auf der Route 172 von Saguenay bis zur Baie Sainte-Marguerite. 100 Kilometer mit fast 1000 Höhenmetern und durch strömenden Regen über zwei Drittel der Strecke. Das war schade, denn trotz der Widrigkeitern war es eine der schönsten Etappen war es eine der schönsten Etappen der Tour.

Die nächste Übernachtung war in der Baie Sainte-Marguerite, wo es spezielle Campingplätze für Fahrradfahrer gibt. Außerdem gibt es dort noch Wanderwege entlang des Saguenay, von wo aus man nicht nur die beeindruckende Landschaft bewundern sondern auch weiße Wale (Belugas) beobachten kann.

Obwohl ein paar 100 Kilometer von Atlantik entfernt, ist das Wasser des Saguenay noch salzig und kalt genug für die Wale. Sie kommen hierher, weil die Flüsse jede Menge Nährstoffe in den Fjord spülen.

Am Ende des Saguenay traf ich wieder auf die Strecke, die ich bereits 2011 gefahren bin. Also legte ich diesmal die Schwerpunkte etwas anders. Statt direkt weiter zu fahren, verbrachte ich zwei Tage in Les Escourmins.


Vor allem gibt es dort das Cap de Bon-Désir Interpretation and Observation Centre, wo man die Wale von Land aus ohne sie zu stören beobachten kann. Zu warten, bis sich ein Wal zeigt, kann ganz schön spannend sein und man kann ohne weiteres viele Stunden in Bon-Désir damit verbringen. Das Titelbild dieser Seite gibt einen Eindruck davon.

Weiter gings der Route von 2011 folgend mit der Fähre von Les Escourmins nach Trois Pistoles auf der südlichen Seite des Sankt-Lorenz-Stroms.


Mit dem Wetter hatte ich diesmal mehr Glück. Bei Saint-Simon gibt es eine Fahrradroute, die sehr steil auf einen Berg führt. Das ist zwar super anstrengend, aber dafür wird man oben mit einer phänomenalen Aussicht von einer Plattform 200 Meter über den Sankt-Lorenz belohnt. Auf dem Weg wieder nach unten kommt man noch an einem Wasserfall vorbei.

Der nächste Halt war im Parc national du Bic, aber dazu gibt es auf meiner 2011 Tour Seite schon ein paar Bilder und Informationen.

Zwischen Rimouski und Mont Joli gab es dieses Kunstwerk zu sehen. Es soll wohl an Häuser erinnern, die hier bei einem Sturm fort gerissen wurden.

Nach Mont Joli verließ ich dann die 2011 Tour und es ging landeinwärts einmal quer durch die Gaspésie. Das heißt, es wurde wieder bergig. Ich war aber mittlerweile so fit, dass es mir nichts mehr ausmachte, und ich die Landschaft genießen konnte.

Dann kam ich noch an ein paar Wasserfällen vorbei (Chutes Kempt), und schießlich war ich auf der südlichen Seite der Gaspésie am Atlantik angekommen.




Auf der anderen Seite der Brücke ist Campbellton in New Brunswick und die Zukunft. New Brunswick ist nämlich in einer anderen Zeitzone als Ontario und Québec. Wenn man die Brücke überquert, fährt man also quasi eine Stunde in die Zukunft, was hier ich zum ersten Mal auf dem Landweg mit dem Fahrrad gemacht habe. Sehr verwirrend…

Eigentlich wollte ich noch weiter bis nach Miramichi. Das Wetter wurde aber schlechter, und ich beschloss, die Tour hier zu beenden. 200 km durch Regen musste wirklich nicht sein. Durch New Brunswick werde ich ein andermal radeln.