Der Ontariosee ist der östlichste und letzte in der Kette der großen Seen. Gespeist wird er hauptsächlich vom Eriesee über die Niagarafälle, und der Ablauf geschieht durch den St. Lawrence Strom in den Atlantik. Eine Rundreise lohnt sich und an seinen Ufern gibt es viel Natur, Geschichte und auch Überraschendes zu entdecken.
Den Ontariosee kann man recht gut mit dem Fahrrad erkunden oder sogar umrunden, da es zwei gut gepflegte und ausgebaute Trailsysteme gibt.
Das ist zum einen der Waterfront Trail auf der nördlichen Seite in Ontario. Wo es keine Fahrradwege gibt, führt der Trail durch ruhige Nebenstraßen und nur an wenigen Stellen auf Hauptstraßen mit viel Autoverkehr.
Das Pendent auf der südlichen Seite im New York State ist der Great Lakes Seaway Trail. Der ist zwar eigentlich eine Autoroute, da es aber nur über Nebenstraßen geht, ist der Seaway Trail auch mit dem Fahrrad gut zu befahren.
Damit wäre das „wo lang“ geklärt, und jetzt schauen wir uns einmal die lohnenswerten Ziele an. Unsere Rundreise beginnt am größten Zufluss, dem Niagara, und führt zuerst am nördlichen Ufer entlang durch Ontario.
Von Niagara-on-the-Lake nach Hamilton
Wo der Niagara in den Ontariosee mündet, fängt der Waterfront Trail an. Die Niagara Halbinsel liegt zwischen dem Erie- und dem Ontariosee. Die beiden Seen sind sowohl Feuchtigkeits- wie auch Wärmespeicher und machen dadurch die Gegend besonders fruchtbar. Es gibt viele Obst- und Weinfelder, die sich bis an das Seeufer herunterziehen. Daher gibt es auf diesem Abschnitt nur an wenigen Stellen Zugang zum Wasser.
In St. Catharines kreuzt man den Welland Canal. Darüber steigen die großen Schiffe über acht Schleusen auf das Escarpment und brauchen dafür einen ganzen Tag.
Mehrere Bäche kommen das Escarpment herunter und ergießen sich in den Ontariosee. Es gibt entsprechend viele Wasserfalle zu sehen, viele allerdings nur im Frühjahr, denn im Sommer trocknen einige davon komplett aus.
Wo es noch Wasser gibt, kann man an bestimmten Tagen im Herbst ein besonderes Schauspiel beobachten. Lachse mühen sich zum Laichen vom See kommend die Bäche hinauf.
Bei Grimsby ist das Niagara Escartment dem See am nächsten, und man hat vom Beamer Memorial Conservation Area einen tollen Ausblick über die Landschaft und den See.
Hamilton
Hamilton liegt am westlichen Ende des Ontariosees, und ist mit über 300.000 Einwohnern ein recht große Stadt. Wenn man nur an Hamilton vorbeifährt und auf dem Queen Elizabeth Way (QEW) über die große Brücke fährt, fallen sofort die die Stahlwerke am Hamilton Harbour auf.
Eine lange Sandband grenzt den Hamilton Harbour vom Ontariosee ab. Der Hamilton Harbour war lange Zeit nicht nur ein Ziel für Wochenendausflüge, sondern auch die Kloake der Anwohner und Hamiltons Industrie. In den 1950 Jahren wurde deshalb das Ufer für alle Erholungsaktivitäten gesperrt. In den 70er Jahren wurden dann endlich Maßnahmen beschlossen, die Wasserqualität zu verbessern, und heute gibt es wieder viele Naherholungsgebiete rund um dem Hamilton Harbour.
Damit Schiffe in den Hamilton Harbour einfahren können, gibt es eine Zugbrücke und direkt daneben überspannt der „Skyway“ den Durchgang zum Hafen. Darüber rollt auf der QEW der größte Teil des Straßenverkehres zwischen Toronto und den USA.
In Hamilton gibt es allerlei zu sehen wie zum Beispiel die LIUNA Station, den ehemaligen Bahnhof, der heute ein Konferenzzentrum ist, oder das Dundrum Castle. Das Dundrum Castle liegt hoch über dem Hamilton Harbour und wurde Anfang des 19. Jahrhunderts von einem wohlhabenden frühen Einwohner Hamiltons erbaut und hat seitdem mehrfach den Besitzer gewechselt bis es in Jahre 1900 von der Stadt gekauft wurde.
Von Hamilton nach Oshawa
Nach Hamilton fängt die Greater Toronto Region an, und es reiht sich eine Stadt an die nächste. Es gibt dazwischen aber auch viele Parks und ein paar Naturschutzgebiete am See.
Auch der Ontariosee hat seine Kreidefelsen. Die Scarborough Bluffs sind recht beeindruckend und bestehen eigentlich aus Sandstein. Der Park befindet sich am Seeufer in Scarborough, Torontos östlichem Stadtteil, und wurde in den 70ern und 80ern künstlich aufgeschüttet. Oberhalb der Felsen gibt es eine Wiese von der man einen tollen Ausblick auf den See hat.
Östlich von Toronto liegen einige kleine und beschaulich Städtchen am Ontariosee.
In Pickering und Darlington stehen zwei von insgesamt nur vier aktiven Atomkraftwerken in Kanada und nutzten das Wasser des Sees zur Kühlung.
In Oshawa gibt es am Lakeview Park das Oshawa Museum, ein Freilichtmuseum, wo es Häuser zu besichtigen gibt, die von den frühen Siedlern Anfang des 19. Jahrhunderts gebaut wurden.
Presque’Ile
Der Presque’Ile Provincial Park ist ein Naherholungsgebiet bei Brighton, ungefähr 150 Kilometer östlich von Toronto. Es gibt dort einen großen Strand, Campingplätze, Wander- und Fahrradwege und einen berühmten Leuchtturm. Presque’Ile ist übrigens das französische Wort für Halbinsel, und davon gibt es mehrere rund um die großen Seen.
Prince Edward County
Prince Edward County ist eine größere Halbinsel im Ontariosee und befindet sich ungefähr 200 km östlich von Toronto, nicht weit entfernt von Kingston und den 1000 Islands.
Die Attraktion ist der Sandbanks Provincial Park, die größte Süßwasserdüne der Welt. Dort befinden sich einige Campingplätze und ein hervorragender Sandstrand mit ganz ordentlichen Wellen, wo zwischen Juni und August karibische Gefühle aufkommen können. Allerdings ist das Süßwasser des Lake Ontario wesentlich angenehmer, und es gibt auch keine Tiere, für die man ein potentielles Abendessen darstellt.
Ein wirkliches Naturschauspiel ist der Lake On The Mountain. Er liegt 60 Meter über dem Wasserspiegel des Ontariosees, hat keinen sichtbaren Zufluss, und ist dennoch immer reichlich mit Wasser gefüllt.
Kingston
Kingston ist eine nette kleine Universitätsstadt mit einem im Sommer recht regen Nachtleben. Außerdem befindet sich in Kingston eine die größte Strafvollzugsanstalt Ontarios.
Wolfe Island
Wolfe Island ist die größte der 1000 Islands. Zu erreichen ist sie mit Fähren entweder von Kingston oder von Cape Vincent im US-Bundesstaat New York. Die Haupteinnahmequelle für die wenigen Inselbewohner ist der Tourismus, und so gibt es drei gut beschilderte Radrundwege und zwei Golfkurse. Wolfe Island ist außerdem ein Paradies für Vogelbeobachter.
Wolfe Island gehört zu Kanada und die Verbindung nach Cape Vincent im US-Bundesstaat New York ist eine kleine Fähre die weniger als zehn Autos auf einmal transportieren kann. Entsprechend geruhsam geht es beim Grenzübergang zu. Wenn man die Zeit auf den Fähren nicht mitrechnet, ist es wohl der Übergang von Kanada nach den USA mit der kürzesten Wartezeit.
1000 Islands
Wo der Ontariosee in den Sankt-Lorenz-Strom abfließt, befinden sich hunderte von kleinen und größeren Inseln. Die meisten von ihnen sind seit Anfang des 19. Jahrhunderts in Privatbesitz und ihre Eigentümer nutzen sie als Sommerresidenzen. Ein Teil des Gebietes ist ein Nationalpark und aufgrund der vielfältigen Natur auch ein UNESCO-Biosphärenreservat.
Die beste Aussicht auf die Inseln hat man natürlich vom Schiff aus, und Bootstouren zu den 1000 Islands starten von Kingston und Gananoque aus. Gleich beim Grenzübergang Lansdowne gibt auf Hill Island den 1000 Islands Tower, der einen Panoramablick auf die Inseln und die Thousand Islands Bridge aus 300 Meter Höhe bietet.
Sehr schöne Bilder mit Motiven aus der 1000 Islands Region gibt es auf der Internetseite und in den Fotobüchern von Ian Coristine.
Boldt Castle
Je größer der Geldbeutel, desto größer auch das Sommerhaus. Jeder hat schon einmal den Spruch „vom Tellerwäscher zum Millionär“ gehört. Der beschreibt ziemlich genau die Lebensgeschichte des George C. Boldt. Er kam in den 1860er Jahren mit seinen Eltern von der Insel Rügen in die USA und hat sich buchstäblich vom Küchengehilfe zum Leiter des Waldorf-Astoria-Hotels in New York hochgearbeitet.
Das Boldt Castle hat er für seine Frau Louise gebaut und dabei Motive deutscher Burgen und Schlösser verwendet. Nach dem Tod Louises wurden die Bauarbeiten sofort eingestellt, und daher blieben viele Räume unvollendet.
Sackets Harbour
Sackets Harbour ist ein kleiner Ort am östlichen Ende des Ontariosee auf amerikanischer Seite. Bekannt ist der Ort, weil dort während des Britisch-Amerikanischen Krieges ein Teil der amerikanischen Kriegsflotte untergebracht war, und ein Angriff der Briten zu einer Schlacht führte. Ein kleines Museum erinnert an die Geschehnisse, und einmal im Jahr wird die Schlacht nachgespielt.
Sodus Bay und Chimney Bluffs
Die Sodus Bay liegt etwa 50 km östlich von Rochster und ist eine große Bucht im Ontariosee. An ihrem östlichem Ufer liegt Sodus Point. Dort gibt es einen schönen Strand, und man kann man einen Leuchtturm besichtigen, der ursprünglich 1825 gebaut wurde und bis 1901 seinen Dienst versah. Der Turm wurde 1871 abgerissen und wieder neu aufgebaut.
Rochester
Rochester liegt wie auch der Letchworth Canyon am Genesee Fluss was übersetzt so viel heißt wie „Fluss der vielen Fälle“. Und tatsächlich gibt es mitten in Rochester zwei recht große Wasserfälle, deren Kraft für Mühlen genutzt wurde. Die Blüte erlebte Rochester mit dem Eriekanal, der die großen Seen mit dem Hudson River verbindet. Kodak und Xerox wurden hier gegründet, und so nennt sich Rochester auch gerne World’s Image Center. Aber der industrielle Niedergang der Region um die großen Seen hat auch Rochester getroffen.
Großer Wasserfall mitten in der Stadt.
Das wohl lohnenswerte Ziel in Rochester ist das George Eastman House. Das Wohnhaus des Kodak Gründers kann besichtigt werden und bietet neben einem Archiv und einem Theater wechselnde Ausstellungen mehr oder weniger bekannter Fotografen. Außerdem gibt es Führungen durch das Haus und die Gartenanlagen, die beide recht beeindruckend sind, und einen Eindruck vom Reichtum des Besitzers geben.
Fort Niagara
Die Rundreise endet beinahe dort, wo sie begonnen hat: in Niagara. Nur diesmal auf der amerikanischen Seite. An der Mündung des Niagara, direkt gegenüber Niagara-on-the-Lake, steht das Fort Niagara.
Die Geschichte des Forts beginnt im 17. Jahrhundert mit der Kolonialisierung durch die Franzosen. Nach deren Abzug stand es abwechselnd unter britischer und amerikanischer Herrschaft. Im britisch-amerikanischen Krieg 1813 spielte es eine zentrale Rolle und war der Schauplatz einiger Schlachten.
Als der Krieg vorbei war und der Eriekanal gebaut wurde, verlor es allerdings komplett an Bedeutung und wurde unterschiedlich genutzt. Nach dem zweiten Weltkrieg diente es sogar als Lager für deutsche Kriegsgefangene. Heute ist es ein State Park und kann besichtigt werden. Die Aussicht auf den Niagara und den Ontariosee vom Fort ist grandios.