Durch die Cantons-de-l’Est und weiter

Und wieder eine Fahrradtour durch Québec in 2019. Da gab es tatsächlich noch tolle Abschnitte in dem Route Verte Radwegesystem, die ich noch nicht ab geradelt hatte, und außerdem habe ich eine Lücke am Sankt-Lorenz-Strom geschlossen, den ich jetzt fast komplett abgefahren habe.

Die 400 Kilometer von Montréal über Sherbrooke nach Québec City verlaufen fast komplett auf Fahrradwegen, abseits jeglichen Autoverkehres. Keine Ahnung, ob es irgendwo in der Welt eine vergleichbar lange Fahrradstrecke gibt.

Anders als bei den letzten großen Touren, habe ich diesmal keine Campingausrüstung mitgenommen. Zum einen musste ich weniger Gewicht über die Berge hieven, und ich konnte zwei Packtaschen einsparen. Zum anderen gab es diesmal entlang der Strecke genug Hotels, Motels und B&Bs, so dass es an keinem Tag Probleme mit dem Finden einer Unterkunft gab.

Von Montréal nach Waterloo
Los ging’s wie schon 2015 am Gare Central in Montreal, aber diesmal Richtung Süden. Über mehrere Brücken und Inseln ging es über den Sankt-Lorenz-Strom, vorbei am berühmten Habitat 67, das für die Weltausstellung 1967 gebaut wurde.

In Chambly gings vorbei am historischen Fort, einem der Kanadas National Historic Sites.

Ich hatte mich bei der Streckenlänge etwas verschätzt, und so wurden es gleich 104 Kilometer auf der ersten Etappe. 40 davon bei strömendem Regen und Blitzeinschlägen links und rechts. Aber der Trail war sehr schön, über lange Strecken geteert und mit vielen schön gemachten Rastplätzen, an denen es sogar Kunstinstallationen zu bewundern gibt.

Von Waterloo nach Sherbrooke
Der Abschnitt mit den meisten Höhenmetern. Erst ging es auf einer Landstraße ziemlich auf und ab, und dann weiter auf einem Waldweg Richtung Parc national du Mont-Orford nur noch „auf“. Der Trail durch den Park war dann aber sehr abwechslungsreich, wenn auch etwas holperig. Hierher muss ich in einem der nächsten Winter zum Schilanglaufen unbedingt wiederkommen.

In Magog habe ich mir dann eine schöne Poutine gegönnt. Perfekt zum Nachladen der auf der Strecke verbrauchten Kalorien.

Von Sherbrooke nach Richmond
Teile dieses Abschnitts von Windsor nach Richmond sind eigentlich aus der Route Verte herausgenommen worden, aber es gibt keine Alternative. Der Trail ist eigentlich schön, denn es geht am Fluss entlang, wenn nur auf der anderen Seite nicht die Autoroute 55 wäre, die für ordentlich Krach sorgt. Das eigentliche Problem ist aber, dass der Trail nicht stabil ist, und es gibt Stellen mit sehr grobem Schotter. Ab Richmond geht es dann aber auf den Sentier de La Vallee, und die (Fahrrad)Welt ist wieder in Ordnung.

Von Richmond nach Québec
Es geht auf einem durchgängigen Radweg durch vier von Québecs Régions Administratives: Estrie, Centre-du-Québec, Chaudière-Appalaches, und schließlich Capitale-Nationale.

Der Radweg hat je nach Région Administrative unterschiedliche Namen. Man startet in Richmond auf dem Sentier-de-la-Vallée, kommt nach Danville auf den Parc Linéaire des Bois-Francs, dann folgt der Parc Linéaire de la MRC de Lotbinière, und schließlich der Parc Linéaire Le Grand Tronc.

Alles im allen ist das ein mehr als 150 Kilometer langer Radweg, wo wir Radler es an nur ganz wenigen Stellen mit Autos zu tun haben.

Übernachtet habe ich in Danville in einer sehr netten Gîte (entspricht Übernachtung mit Frühstück in Deutschland).

Von Danville habe ich einen kurzen Abstecher nach Asbestos gemacht, um mir dieses riesige Loch anzuschauen.

Der Name des Ortes sagt schon, um was es hier geht. Bis 2011 wurde hier Asbest abgebaut, zuerst im Tagebau und später auch in einer Mine unter dem Loch. Nicht nur dass ein Großteil des Ortes mit vielen alten Häusern dafür geopfert wurde, auch sorgten Abbau und Weiterverarbeitung für eine hohe Krankenrate durch den Asbeststaub.

Nach Danville geht es schnurgerade weiter durch Victoriaville und einige andere kleinere Orte bis nach Lévis gegenüber von Québec.

Alle paar Kilometer gibt es einen Halte Vélo mit Tisch und Bänken, die teilweise sehr schön gemacht sind, und in den Orten kann man seine Wasserflaschen auffüllen.

Ab Dosquet kann man sich rollen lassen, denn geht es fast nur noch leicht abwärts auf einem geteerten Trail.

Québec
Québec City ist für die Québécois einfach nur Québec (ohne City). Klar, wenn man schon in der Provinz ist, macht das mit der City natürlich auch keinen Sinn mehr.

Man kann am Sankt-Lorenz-Strom einen schönen Rundkurs abfahren. Auf der einen Seite gibt es die Pont de Québec und auf der anderen eine Fähre, und beide bieten tolle Blicke auf den Fluss, die Stadt und die umliegende Landschaft.

Die Altstadt von Québec City ist schon ein bisschen wie im Zoo. Nordamerikas älteste Stadt lockt immer mehr Touristen an, und die drängen sich alle durch die teilweise engen Straßen von der Altstadt hinauf zur Zitadelle. Zwar gibt unten am Fluss jede Menge Radler, die auf der flachen Strecke bis zum Montmorency Wasserfall fahren, aber bis zur Zitadelle müht sich keiner. Also war ich schon ein bisschen der Exot im Zoo.

Naja, es gibt schon einen Grund für die Popularität. Immerhin ist Québec Nordamerikas älteste Stadt und das will schon was heißen. Wenn man sich die vielen Touris einfach wegdenkt, gibt es in Québec viele spannende Orte zu entdecken.

Wochenenden in Québec sollte man tunlichst vermeiden. Nicht nur weil es dann noch mehr Touristen gibt, sondern auch die Hotelpreise sind um 50% und mehr höher als unter der Woche, und trotzdem sind die meisten Hotels komplett ausgebucht.

Von Québec nach Trois-Rivieres
Das war es mit den Farradtrails. Von Québec nach Montréal verläuft die Route Verte Nummer 5 entlang des Le Chemin du Roy, und das ist sowohl eine Fahrrad- wie auch eine Autoroute.

Wo die Route 138 um die kleinen Ortschaften herumführt, gibt es aber auch ein paar Seitenstraßen durch malerische Straßenzüge, die nur darauf warten, entdeckt zu werden.


Nachdem die Wettervorhersage Regen und sogar Gewitter angekündigt hatte, habe ich die 130 Kilometer lange Strecke in zwei Etappen aufgeteilt. Natürlich kam erst einmal kein Tropfen herunter, aber so hatte ich Zeit für die Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke. Fairerweise muss ich sagen, dass genau eine Stunde nachdem ich im Motel eingecheckt habe, es zehn Minuten lang ordentlich geschüttet hat.

Trois-Rivieres
Quebecs tief katholische Wurzeln treten in Trois-Rivieres in der Basilika Notre-Dame-du-Cap zu Tage. 15 Bronzestatuen reflektieren den Kreuzweg und machten Ende des 19. Jahrhunderts Trois-Rivieres zu einem Wallfahrtsort. Neben dem Kreuzweg wurde 1964 die riesige Basilika errichtet, die der mehr als 1.600 Gläubigen Platz bietet.

Trois-Rivieres war einmal eine große Industriestadt, und der Geburtsort von Kanadas Eisen- und Stahlindustrie. Wenige Kilometer nördlich liegt die Forges du Saint-Maurice National Historic Site, wo von Mitte des 18ten bis fast zum Ende des 19ten Jahrhunderts Eisen abgebaut und vorverarbeitet wurde. Wurden zuerst hauptsächlich Kanonen und Kugeln für die französische Marine produziert, waren es dann später auch Eisenöfen, Töpfe und Pfannen.

Von Trois-Rivieres nach Montréal


Das waren noch einmal zwei Tage mit Zwischenstopp in Bethierville, wo Kanadas berühmtester Rennfahrer, Gilles Villeneuve, gelebt hat, und ihm ein kleines Museum gewidmet ist

Entlang des Sankt-Lorenz-Stroms gibt es fast immer beständigen Wind aus Südwest, gegen den man ankämpfen muss, und meine Durchschnittsgeschwindigkeit fiel um fast 3 km/h.

Je näher man Montréal kommt, desto bebauter und industrieller wird die Gegend. Montréal hat den größten Binnenhaften der Welt, weil selbst größere Schiffe den Sankt-Lorenz-Strom hinauffahren können. Die Fahrradroute führt über eine längere Strecke direkt an diesem Hafen entlang, und die Luft ist voll mit dem Gestank der Schiffe und LKWs.