Deep South

Zwar ist Deep South nicht wirklich der südlichste Teil der USA, Texas und Florida reichen noch ein ganzes Stück weiter in den Süden. Doch die Staaten Louisiana, Mississippi, Alabama und Arkansas haben aber eine gemeinsame Lebensart, die vom Mississippi River und dem warmen Klima des Südens geprägt ist.

Ich machte meine Tour allerdings im Dezember, und die Temperaturen zwischen 0° und 15° C waren nicht wirklich subtropisch, wie man sich den Süden Nordamerikas so vorstellt. Dennoch hat die Gegend auch im Winter ihren Reiz.

Memphis
Irgendwie gehört der Westen Tennessees auch zum Deep South. Nicht nur geografisch wenn man sich mal die Lage auf der Karte anschaut, sondern auch von der Lebensart her. Und Memphis liegt auch noch genau an der Ecke zwischen Arkansas, Mississippi und Tennessee am Mississippi River. Die Einwohner bezeichnen daher ihre Stadt auch als „Biggest Town in Mississippi“.

Zwei Namen sind eng mit Memphis verbunden: Martin Luther King und Elvis Presley. Das Lorraine Motel, in dem King am 4. April 1968 erschossen worden ist, wurde zum National Civil Rights Museum umgebaut. Es widmet sich der die Geschichte der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. Der Rundgang führt an dem Zimmer vorbei, im dem King die Nacht vor seinem Tod verbracht hat, und auch das Gebäude, von dem aus sein Mörder geschossen hat, ist Teil des Museums. Alles ist so eingerichtet, wie es 1968 gewesen war.

Das Lorraine Motel war in den 50er und 60er Jahren eines der wenigen Hotels in Memphis, das überhaupt Afroamerikaner akzeptierte. King übernachtete oft dort, und andere regelmäßige Gäste waren die Musiker, die für Stax Records spielten, wie Ray Charles, Lionel Hampton, Aretha Franklin oder Otis Redding.

Blicke vom Motel und von Ray’s Zimmer, von dem aus geschossen wurde.

Die Ausstellung im Canipe’s Amusement Store and Rooming House dreht sich um James Earl Ray, Kings Mörder. Da Ray nach seiner Ergreifung die Tat erst zugab und kurz darauf wieder leugnete, reißen die Verschwörungstheorien nicht ab. Angeblich hat die damalige US Regierung mit der Mafia zusammengearbeitet, um King aus dem Weg zu schaffen. Klingt etwas unglaublich, und allein schon die abenteuerliche Flucht des bekennenden Rassisten Ray spricht doch sehr dagegen.

Der andere bekannte Name, der eng mit Memphis verbunden ist, ist natürlich Elvis Presley. Sein Anwesen, Graceland, ist nur 10 Fahrminuten von Memphis‘ Innenstadt entfernt, und lockt jährlich über 700.000 Besucher an, deutlich mehr als das Civil Rights Museum. Vom Besucherzentrum geht es mit dem Bus über die Straße zum Anwesen. Neben Elvis‘ Haus können noch seine Autosammlung und seine beiden Flugzeuge besichtigt werden.

Little Rock
Little Rock ist die Hauptstadt von Arkansas, was erst einmal nicht so spannend ist. Aber… hier war Bill Clinton, der spätere Präsident der USA, zunächst Generalstaatsanwalt und später Gouverneur. Und so gibt hier das William J. Clinton Presidential Center, was einen Besuch durchaus gerechtfertigt.

Bekannt sind auch die Little Rock Nine, die ersten schwarzen Schüler, die eine öffentliche Schule in den USA besuchten.

Hot Springs
In Hot Springs hat Bill Clinton seine Jugend verbracht und dort gibt es, wie der Name schon sagt, heiße Quellen. Das Wasser schießt hier geradezu vom glühenden Erdinneren durch das poröse Gestein an die Oberfläche ohne dabei Mineralien aufzunehmen und ist beim Austritt immer noch sehr warm.

Also nicht wirklich eine Mineralquelle sondern einfach nur warmes Wasser. Nichtsdestotrotz war Hot Springs über lange Zeit ein in in Amerika beliebter Kurort, vergleichbar mit dem europäischen Bädern Karlsbad oder Bad Wildungen. Insbesondere Chicago’s Gangster haben hier in den 30er Jahren ihren “wohlverdienten” Urlaub verbracht.

In dieser Zeit wurden einige Bäder und Sanatorien gebaut, die immer noch einiges her machen. Ein Spaziergang entlang der Bathhouse Row hat so auf jeden Fall seinen Reiz.

Vicksburg
Vicksburg liegt auf einer 40 Meter hohen Anhöhe über dem Mississippi. Über diese Lage dominiert die Stadt den Fluss und war somit eine strategisch wichtiger Punkt im amerikanischen Bürgerkrieg. Generalmajor Ulysses Grant belagerte die Stadt bis zu ihrer Kapitulation nach sechs Wochen. Diese Eroberung teilte die Konföderation in zwei Teile und gilt als kriegsentscheidend.

Und weil das wichtig für die amerikanische Geschichte ist, wurde das ganze Schlachtfeld 1899 zu einem Denkmal. Der Vicksburg National Military Park ist eine riesiges Gelände rund um Vicksburg, mit allerlei Denkmälern, die an die verschiedenen Schlachten der Belagerung erinnern.

Am 12. Dezember 1862 lief das Kanonenboot der Nordstaaten USS Cairo auf eine elektrisch gezündete Mine auf und sank. Im Flussschlamm war das Wrack auf natürliche Weise konserviert, bis es 1956 wieder entdeckt wurde. Nach erfolglosen Versuchen wurde die Cairo 1965 gehoben, restauriert, und Ende der 70er Jahre schließlich im Vicksburg Military Park aufgebaut und zur Besichtigung freigegeben.

Natchez Trace Parkway
Der Natchez Trace Parkway ist eine der schönsten Panoramastraßen in den USA. Er verbindet die Städte Nashville in Tennessee mit Natchez in Mississippi. Für Lastwagen und anderen kommerziellen Verkehr gesperrt, ist er heute ein 710 Kilometer langer Park, der im 18. Jahrhundert als Verbindung des Ohio Tals mit dem Mississippi entscheidend für die Entwicklung des Landes war.

Ruinen von Windsor
Die Ruinen von Windsor liegen zwischen Natchez und Vicksburg, und sind das Ergebnis eines Brands im Jahre 1890. In dem Jahr ist das Herrenhaus der Windsor Plantage durch den unachtsamen Umgang mit einer Zigarre abgebrannt. Zurückgeblieben sind nur die 23 Säulen, die insbesondere in der Dämmerung eine sehr gespenstische Atmosphäre haben.

Natchez
Natchez liegt am südlichen Ende des gleichnamigen Parkways am Mississippi. Gegründet von französischen Kolonisten, ist sie die älteste europäische Siedlung am Mississippi, und es gibt dort viele historische Häuser zu sehen. Am Visitor Reception Center werden verschiedene Touren per Bus oder Kutsche angeboten, oder man läuft die vorgeschlagene Tour einfach ab.

Hier ist Penn Cage der Bürgermeister in den Thrillern von Greg Iles. Wenn man mehr über den Deep South erfahren und dabei auch noch gut unterhalten werden will, sind Greg Iles Bücher ganz sicher empfehlenswert.

Baton Rouge
Baton Rouge ist die Hauptstadt Louisianas, und ist von der Ölindustrie und der Lage am Ende des Mississippi geprägt. Die Raffinerie von ExxonMobil gehört zu den zehn größten weltweit, und der Hafen von Baton Rouge dienst als Umschlagplatz, wo Waren von Hochseeschiffen auf die Eisenbahn, Lastkraftwagen oder kleinere Flussschiffe umgeladen werden.

Von der Aussichtsplattform im 27. Stockwerk des 1932 erbauten State Capitol hat man einen tollen Blick über die Stadt. Sein Erbauer, der Gouverneur Huey Long, wurde tragischerweise 1935 in genau diesem Gebäude erschossen.

Lafayette
Nachdem im 18. Jahrhundert die Engländer die Akadier aus dem Osten Kanadas vertrieben haben, haben einige von ihnen eine neue Heimat im Süden Nordamerikas gefunden. Diejenigen, die sich östlich von New Orleans angesiedelt und die Sümpfe bewohnbar gemacht haben, sind heute als Cajuns bekannt, und Lafayette ist die größte Stadt im Cajun Land. Es wird dort viel akadische Kultur gepflegt, und wieder errichtete Siedlungen aus 18. und 19. Jahrhundert können besichtigt werden.

Öl

Louisianas Süden steht ganz im Zeichen des Öls. Es gibt viele Raffinerien und Häfen, von wo aus die Versorgungsschiffe zu den Plattformen im Golf von Mexiko hin aufbrechen. Eigentlich ein riesiger Sumpf, ist das Mississippi Delta durch einigen technischen Aufwand besiedelt und für die Ölindustrie benutzbar gemacht worden. Die Highways stehen auf Stelzen, und man hat das Gefühl, durch Baumwipfel zu fahren. Von den wenigen öffentlich zugänglichen Stränden kann man die Ölbohrinseln sehen.

Plantagen
Entlang des unteren Mississippi zwischen New Orleans und Baton Rouge gibt es mehrere Zuckerrohr Plantagen, die dieses Gebiet in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem der reichsten von ganz Nordamerika gemacht haben. Viele davon kann man heute besichtigen, und informative Touren geben einen Eindruck von Leben der Creolen.

Am berühmtesten ist Oak Alley, wegen dem von 28 Eichen eingerahmten Eingang zum Haupthaus. Die Eichen wurden gepflanzt, noch bevor das Haus gebaut wurde.

Die interessanteste Plantage ist aber wohl eher Laura. Da die Geschichte dieser Plantage bis ins Detail erforscht wurde, gibt der Besuch einen recht intensiven Eindruck vom Leben einer begüterteren creolischen Familie vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Die Besichtigungstour klammert auch nicht das Leben der Sklaven aus, deren Nachfahren auf der Plantage bis ins späte 20. Jahrhundert gelebt und gearbeitet haben.

New Orleans
New Orleans ist vor allem für das French Quarter bekannt, in dem allabendlich viele Kneipen mit Live Musik Einheimische und Touristen anlocken. Interessant an den Gebäuden dort sind vor allem die Eisenverzierungen an den Balkonen (New Orleans Ironwork).

Nach dem French Quarter sind die Straßenbahnen die zweit bekannteste Attraktion in New Orleans. Die Fahrt mit der St. Charles Avenue Linie zum Garden District ist ein Muss bei einem Besuch der Stadt.

Im Garden District gibt es zahlreiche herrschaftliche Villen aus dem 19. Jahrhundert und vor allem den Lafayette Friedhof zu sehen.

Wegen des hohen Grundwasserspiegels werden Tote im Süden Louisianas nicht in herkömmlichen Friedhöfen begraben, sondern oberirdisch in kleinen Mausoleen (Cities of the Dead). Und wenn man durch die alten Friedhöfe New Orleans spaziert, wird man überrascht sein, wie viele deutsche Inschriften es auf den Grabmälern gibt.